Urteilseinflüsse und -verzerrungen vor Gericht*
Die Veranstaltung wird online durchgeführt.
Wie die richterliche Urteilsbildung vonstatten geht, ist nicht nur für die am Verfahren beteiligten Parteien von Interesse, sondern auch für den/die Richter/in selbst. Dabei ist soviel gewiss: richterliche Entscheidungen werden durch zahlreiche Faktoren systematisch beeinflusst, die nicht juristischer, sondern im weitesten Sinne psychologischer Art sind. Ob es im Gerichtssaal um Begutachtungen, um das „Aufdecken“ von Lügen, um Befragungen oder um das Überzeugen des/der Richters/Richterin von der eigenen „Story“ oder schließlich um die Entscheidung des Falles geht – all diese Prozesse sind Themen der Psychologie, insbesondere der Sozialpsychologie. Tatsächlich belegen zahlreiche Untersuchungen im strafrechtlichen Kontext, dass Jurist/innen im Rahmen richterlicher Strafurteile trotz vollkommen identischer Informationen zu deutlich unterschiedlichen Strafzumessungen gelangen. Dies ist zwar insofern legitim als es sich um einen Ausdruck der richterlichen Unabhängigkeit handelt. Die Vergleichbarkeit und die damit verbundene Gerechtigkeit von richterlichen Entscheidungen können dadurch jedoch empfindlich in Frage gestellt werden.
Aber wie urteilen Richter/innen? Wonach richten sie sich?
Das vorliegende Seminar will sich den zahlreichen psychologischen Determinanten widmen, die auf die richterliche Entscheidungsfindung Einfluss nehmen. Ziel ist es, den Teilnehmenden einen Überblick über die vielfältigen Urteilseinflüsse und -verzerrungen zu verschaffen. Dafür werden zunächst die psychologischen Grundlagen menschlicher Wahrnehmung behandelt, da Urteilsprozesse maßgeblich durch diese beeinflusst werden. Die Teilnehmenden erhalten hier die Gelegenheit, ihre eigene Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsfähigkeit unter verschiedenen Bedingungen zu testen. Der Schwerpunkt des Seminars liegt auf der Beleuchtung diverser Einflussfaktoren, die auf die richterliche Entscheidungsfindung einwirken, sowie auf der Erläuterung einiger ausgewählter Urteilsverzerrungen. In diesem Zusammenhang werden beispielsweise die Konsequenzen der sozialpsychologischen Grundlagenforschung zu rekonstruktiven Gedächtnisprozessen auf die Fragetechniken im Rahmen der Zeugenvernehmung behandelt, aber auch andere wichtige Bereiche wie die Eindrucksbildung, die persuasive Kommunikation, die Lügendetektion sowie die kognitiven Prozesse, die Entscheidungen und Urteilen zu Grunde liegen. Vor allem sollen die psychologische Prozesse und Einflüsse näher erläutert werden, die stark in die richterliche Urteilsfindung hineinwirken, wenn das Urteil nicht klar auf der Hand liegt, wenn es sich also um komplexere Sachverhalte handelt. Schließlich sollen im Seminar anhand der erläuterten Erklärungsansätze zur richterlichen Urteilsdisparität Interventionsmöglichkeiten zur Reduzierung von Einflüssen und Fehlern auf die richterliche Entscheidungsfindung bearbeitet werden.
Hinweis für Masterstudierende: In dieser Veranstaltung werden maximal für zwei Teilnehmende benotete Leistungsnachweise ausgegeben und dies auch nur nach vorheriger Anmeldung per Email oder Telefon.
Teilnahmenachweis
Für die Teilnahme an dieser Veranstaltung erhalten Sie einen Teilnahmenachweis über den Erwerb von Schlüsselqualifikationen nach § 9 IV der Studien- und Prüfungsordnung.
Anmeldung
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