Warum ein Auslands-LL.M.-Studium auf sich nehmen?
Der Entschluss, einen LL.M.-Titel im Ausland zu erwerben, sollte nicht nur aus Gründen des insbesondere in den USA erheblichen Finanzierungsbedarfs wohlüberlegt sein. Denn nicht jede/r wird in gleicher Weise von diesem Abschluss profitieren können.
Insbesondere in wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Kanzleien, seien es kleine (hoch-)spezialisierte ("Boutiquen"), mittlere oder große, die mit Bezug zu anglo-amerikanischen Rechtsmaterien befasst sind, ist der im englischsprachigen Ausland (!) erworbene LL.M. ein großer Pluspunkt. Ob seine Bedeutung in diesem Arbeits(teil)markt inzwischen mit dem Doktortitel gleichgezogen oder diesen sogar überholen konnte, läßt sich nicht eindeutig beantworten. Dies hängt von der jeweiligen Kanzlei, ihrem Selbstverständnis, den konkreten Einstellungsentscheidungsträger/innen, der Mandanten- und Mandatszielgruppe und nicht zuletzt dem Lebenslauf des Bewerbers/der Bewerberin ab. Manche renommierte Kanzlei macht gar den Doktortitel oder sein baldiges Bevorstehen zur Einstellungsvoraussetzung, nicht jedoch den LL.M. (der dennoch immer willkommen ist).
Eines jedenfalls ist in diesem Arbeits(teil)markt dennoch sicher: Über das Fehlen guter - und d.h. zumeist: während einer nennenswert langen Zeit im Ausland erworbener - Englischkenntnisse hilft auch ein Doktortitel nicht hinweg. Das LL.M.-Studium im englischsprachigen Ausland bietet sich daher an, um einen (ggf. zum Doktortitel alternativen) Titelerwerb und den Sprachqualifikationsnachweis miteinander zu verbinden. Damit ist gleichzeitig folgender wichtiger Punkt festgehalten: Der traditionelle Wert eines LL.M.-Titels besteht in erster Linie darin, dass er einen qualifizierten Fremdsprachennachweis darstellt.
Wer allerdings schon nennenswerte Auslandserfahrung (d.h. vor allem: Fremdsprachenkompetenz) z. B. durch Auslandssemester während des Studiums, Referendariatsstationen, Auslandspraktika, Teilnahme an Summer Schools oder Jobs vorweisen kann oder zufällig bilingual (d. h.: deutsch-englisch) aufgewachsen ist, wird vielleicht eher über die Promotion nachdenken.
Dasselbe gilt für diejenigen, die sich darauf verlassen wollen, trotz fehlender Internationalität im Lebenslauf aufgrund ihrer im übrigen guten Qualifikation einen Arbeitsplatz zu finden und dann vom zukünftigen Arbeitgeber für einige Monate ins Ausland geschickt zu werden, falls dieser es für notwendig erachten sollte (z. B. im Rahmen eines sog. Secondments).
Wer seine Zukunft hingegen eher im öffentlichen Dienst, als Richter/in oder im rein deutschen Anwaltsmarkt sieht oder sich - aus welchen Gründen auch immer - schlicht nicht vorstellen kann, für ein knappes Jahr Deutschland zu verlassen und den Verdienstausfall und die erheblichen Kosten eines LL.M.-Studiums auf sich zu nehmen, wird in erster Linie eher über die Promotion nachdenken oder über ein innerdeutsches oder deutsch-ausländisches LL.M.-Studium. (Siehe dazu unter "Alternativen zum Auslands-LL.M.".)
Der LL.M.-Titel ist eine Qualifikation, die im Gastland - abhängig von den länderspezifischen Möglichkeiten - ggf. durch weiterführende Studien/Titel, Praktika, Judicial Clerkships, Jobs oder ein Anwaltsexamen ergänzt werden kann.
So ist insbesondere das New York Bar Exam eine nicht nur bei deutschen LL.M.-Absolvent/innen beliebte Herausforderung nach dem Abschluß des LL.M.-Studiums. Zeitlich fügt sich die Vorbereitung (Repetitorium) auf das New York Bar Exam in der Regel nahtlos an das Ende des akademischen Jahres an der Law School an; der sehr arbeitsintensive Repetitoriums-Kurs (z. B. beim Marktführer BarBri), der vor Ort oft per Abspielen einer Video-Aufzeichnung abgehalten wird, dauert keine 3 Monate und eröffnet gerade deutschen Jurist/innen realistische Chancen auf das Bestehen des Bar Exam.
Das LL.M.-Studium, insbesondere ein solches, in dem obligatorisch oder freiwillig eine Magisterarbeit (thesis) oder ein anderes "Substantial Research Paper" geschrieben wird, kann für eine in Deutschland noch laufende oder geplante rechtsvergleichende Promotion genutzt werden.
Umgekehrt kann möglicherweise eine in Deutschland laufende Promotion für Thesis/ Research Paper genutzt werden.
Während des LL.M.-Studiums lassen sich internationale Verbindungen aufbauen, die später geschäftlich oder freundschaftlich von großem Wertsein können.
Das schwarze Brett einer Law School kann sich schnell als attraktive Stellenausschreibung entpuppen. Einige deutsche Kanzleien und Unternehmen suchen LL.M.-Absolvent/innen direkt vor Ort. (Obwohl es dabei eher um einen Wettlauf der Arbeitgeber um die baldigen LL.M.-Absolvent/innen geht als um Chancen, die diesen später nicht auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland offen stehen.)